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Kriterien für friedenssichernde Maßnahmen der Europäischen Union, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo (Rede im Plenum)


Herr Präsident, verehrte Kollegen! Wie wir gehört haben, haben die Vereinten Nationen die Europäische Union gebeten und aufgefordert, einen Beitrag zur Sicherung der Wahlen im Kongo zu leisten, indem die Europäische Union dorthin eine Militärmission entsendet. Wie sollen wir darauf antworten?

Es sind verschiedene Dinge zu berücksichtigen. Einerseits müssen wir uns fragen: Verfügen wir zum jetzigen Zeitpunkt als Europäische Union bereits über die Fähigkeiten, die notwendig sind, um eine solche Operation durchführen? Zweite Frage: Haben wir nicht andere Prioritäten in der unmittelbaren Nachbarschaft der Europäischen Union wie beispielsweise auf dem Balkan, wo die Friedenssicherung die erste und wichtigste Aufgabe der Europäischen Union ist? Drittens die Frage: Besteht hier nicht die Gefahr, dass wir uns in einen Konflikt verstricken, aus dem wir uns dann nicht mehr rechtzeitig lösen können? Das sind Fragen, die mir auch als Parlamentarier immer wieder in diesem Zusammenhang gestellt werden.

Auf der anderen Seite müssen wir – so wie Sie es gesagt haben, Herr amtierender Ratspräsident – das Interesse der Europäischen Union an der Stabilität dieses Landes im Herzen Afrikas sehen. Dass hier die Europäische Union auch als solche berührt ist, muss jedem klar sein, der seinen Blick einmal nach Ceuta, nach Melilla oder nach Lampedusa gewendet hat und auf die schrecklichen Szenen, die sich dort an dieser Armutsgrenze abspielen. Stabilität in Afrika ist ein eigenes Interesse der Europäischen Union und ihrer Bürger.

Wir müssen uns unserer Verantwortung gegenüber der UNO bewusst sein. Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass die Verhinderung von Gewaltanwendung, so wie sie hier das Ziel dieser Operation ist, gerade in besonderer Weise der Sicherheitsstrategie der Europäischen Union entspricht. Wir sollten auch nicht vergessen, dass hier eine große Anzahl von Wahlbeobachtern aus dem Europäischen Parlament sowie aus anderen Parlamenten unter der Leitung unseres Freundes Philippe Morillon dort im Kongo bereits tätig ist, um die Wahlen zu sichern.

Was sind unsere Bedingungen für eine Intervention der Europäischen Union im Kongo? Erstens: Wir fordern, dass es eine klare zeitliche Begrenzung gibt. Die Aufgabe einer solchen Intervention kann es nicht sein, den Kongo insgesamt zu stabilisieren – das ist eine langfristige Aufgabe und eine Aufgabe der Vereinten Nationen. Dafür stehen auch 17 000 Soldaten der Vereinten Nationen im Kongo. Wir müssen uns darauf konzentrieren, einen Beitrag zur Stabilisierung der Wahlen am 18. Juni zu leisten.

Zum Zweiten muss es eine klare Nachfolgeregelung geben, aus der deutlich wird, in welcher Art und Weise nach dieser Intervention die Vereinten Nationen einerseits und die Armee des Kongo andererseits dann diese Aufgabe wieder übernehmen. Es muss eine örtliche Begrenzung geben und es muss klar sein, dass beispielsweise Katanga oder die Ostprovinzen des Kongo nach wie vor Aufgabe der Vereinten Nationen und nicht Aufgabe der Europäischen Union sein müssen.

Ferner muss klar sein, dass dieser Einsatz ganz klar europäisch ist. Es darf nicht so sein, dass nur ein oder zwei Nationen hier tätig werden, sondern es müssen sich mehr europäische Nationen in dieser Angelegenheit wirklich engagieren. Wir brauchen eine formelle Aufforderung der Interimsregierung. Auch hier scheint es noch Zweifel zu geben, was nun die Regierung des Kongo als solche formell gesagt hat.

Wir brauchen vor allem aber auch ein überzeugendes Konzept, ein Konzept, das dazu geeignet ist, einmal mögliche Störenfriede davon zu überzeugen, dass es besser ist, die Ergebnisse der Wahl zu akzeptieren, und andererseits die Bürger des Kongo zu ermutigen, dieses Wahlrecht auszuüben. Das sind die Bedingungen, unter denen die Europäische Union und wir als Europäisches Parlament einem solchen Einsatz zustimmen können. Jetzt geht es darum, die noch offenen Fragen so schnell wie möglich zu klären.