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10 Jahre ESVP: Erklärung von Saint Malo 2


Vor zehn Jahren unterschrieben die Regierungen von Frankreich und Großbritannien die Erklärung von St. Malo, die einen wichtigen Wendepunkt im Aufbau eines Europas der Verteidigung darstellt.

Aber Frieden und Sicherheit bilden immer weniger ein Merkmal des europäischen Kontinents: Auf die Jugoslawienkrise, die die Erklärung von 1998 angeregt hatte, folgten in den vergangenen zehn Jahren die Attentate des 11. Septembers 2001, die Attentate von Madrid und London sowie heute der Krieg in Afghanistan und die Krise in Georgien.

Bedeutende Fortschritte wurden erreicht, etwa die Europäische Verteidigungsagentur (EDA), der Militärausschuss und der Militärstab der Europäischen Union sowie der Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung im Europäischen Parlament. Aber im Hinblick auf die internationalen Krisen, die die Sicherheit der Mitgliedsstaaten bedrohen, sind die erzielten Fortschritte noch ungenügend.

Es geht heute nicht mehr um den Gegensatz zwischen NATO und Europäischer Verteidigung wie der Wille Frankreichs, sich voll in die militärischen Strukturen des Bündnisses zu integrieren, beweist.

Das schnelle und wirksame Handeln der Präsidentschaft der Europäischen Union zur Erreichung eines Waffenstillstands in Georgien zeigt, wie sehr eigenes diplomatisches Handeln der Union von Bedeutung für den Frieden sein kann.

Die Einsätze von EUFOR in Afrika und auf dem Balkan zeigen ebenfalls, dass die Instrumente der Union von Nutzen sein können, ohne die Instrumente der NATO zu schwächen.

Die in St. Malo versammelten Parlamentarier, Vertreter von 14 Mitgliedsstaaten und drei internationalen Organisationen, appellieren an die Regierungen und an die Öffentlichkeit, den Prozess des Aufbaus eines Europas der Verteidigung und der Sicherheit im politischen und militärischen Bereich wiederzubeleben.

Kein Mitgliedsstaat kann heute danach streben, alleine die Mittel für seine Verteidigung und die Bedingungen seiner Sicherheit zu bestimmen (Energiesicherheit, Auswirkungen der Klimaerwärmung, Migration und terroristische Bedrohungen…). Die europäische Dimension stellt daher im kommenden Jahrzehnt eine absolute Notwendigkeit für die Sicherheit dar.

Wir rufen daher gemeinsam dazu auf, in Richtung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion voranzuschreiten, so wie dies das Europäische Parlament gefordert hat.

Diese Union muss zivile und militärische Instrumente verbinden und setzt eine aktive Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten voraus. Transparenz und eine effektive Verwendung der Finanzmittel sind eine Voraussetzung für eine Unterstützung durch die öffentliche Meinung.

Um diese Politik zu stärken, brauchen wir:

- 1) Eine Definition der Sicherheitsinteressen der Europäischen Union. Europa muss in der Lage sein, seine Interessen zu wahren und seine Bürger zu schützen. Europa muss ebenfalls die Menschenrechte verteidigen, deren Respekt in der Welt zur internationalen Sicherheit beiträgt.

- 2) Eine überarbeitete Strategie. Im Dezember 2007 beschloss der Rat, die Sicherheitsstrategie zu überarbeiten. Wir schlagen heute vor, dass diese Strategie alle fünf Jahre zu Beginn jeder europäischen Legislaturperiode überarbeitet wird. Die Union sollte eine langfristige Strategie sowie ein Weißbuch ausarbeiten, als wesentliche Mittel für den politischen Aufbau Europas.

- 3) Fähigkeiten und Ausrüstung für Verteidigung und Sicherheit, wie zum Beispiel satellitengestützte Navigation und Aufklärung (Galiléo, GMES...), Drohen, Hubschrauber, Telekommunikationsausrüstung, Kapazitäten für Luft- und Seetransport. Gemeinsame technische Standards für geschützte Telekommunikation und für den Schutz kritischer Infrastrukturen sind ebenfalls wichtig. Ein stärker integrierter Ansatz bei der Weiterentwicklung der Fähigkeiten in Richtung neuer Technologien, ist unabdingbar, um unnötige Duplikationen zu vermeiden und die Standardisierung und Interoperabilität auf europäischer Ebene zu verbessern.

Europa darf sich angesichts knapper öffentlicher Haushalte nicht entmutigen lassen.

Strukturelle Reformen sind unabdingbar, um die traditionelle Trennlinie zwischen ziviler und militärischer Forschung zu überwinden, um einen gemeinsamen Markt für Sicherheit und Verteidigung zu schaffen, um die europäischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln, und um eine gemeinsame europäische Kultur in diesem Bereich entstehen zu lassen.

Das Ziel muss es sein, unnütze Hemmnisse, die der Entwicklung europäischer Fähigkeiten im Weg stehen, zu beseitigen. Wir fordern daher: Dauerhafte Planungs- und Führungsstrukturen in Brüssel, Zusammenarbeit zwischen der Verteidigungsagentur und der Kommission, militärische Nutzung der weltraumgestützten Systeme und eine realistischere und flexiblere Ausgestaltung des Konzeptes der Battlegroup 1500.

Truppen wie das Eurocorps könnten der Europäischen Union dauerhaft zur Verfügung gestellt werden, wie dies das Europäische Parlament vorgeschlagen hat.

Während zahlreiche europäische Länder, darunter Frankreich, Weißbücher und Strategiepapiere ausarbeiten oder beschlossen haben, kommt es nunmehr darauf an, umgehend die Ausformulierung eines Europäischen Weißbuches für Verteidigung und Sicherheit in Angriff zu nehmen. Dies sollte eine vorrangige Aufgabe für die Ausschüsse des Europäischen Parlamentes in Verbindung mit den Parlamenten der Mitgliedsstaaten und dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sein.

Karl von Wogau, Vorsitzender des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung im Europäischen Parlament

Josselin de Rohan, Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung und Streitkräfte des Französischen Senats

Guy Teissier, Vorsitzender des Ausschusses für Verteidigung und Streitkräfte der Französischen Nationalversammlung