Mobilmenü

Karl von Wogau: Rede im Plenum über Ausnahmen von den Binnenmarktvorschriften für die Beschaffung von Verteidigungsgütern auf der Grundlage von Artikel 296 EGV


Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kollegen! Die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union geben jedes Jahr 170 Milliarden Euro für Verteidigung aus. Diese 27 Mitgliedstaaten verfügen über 2 Millionen Soldaten, 10 000 Panzer und 3 000 Kampfflugzeuge. Dennoch war es nicht möglich, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei dem Konflikt auf dem Balkan das Blutvergießen beendet haben, sondern wir brauchten dazu unsere amerikanischen Freunde, die das für uns erledigt haben. Warum? Es gab damals noch keine gemeinsamen Entscheidungsstrukturen in der Europäischen Union, um derartige Einsätze durchführen zu können.

Einer der wesentlichen Gründe für die Ineffizienz der europäischen Verteidigung ist auch darin zu sehen, dass es keinen gemeinsamen Markt im Bereich der Verteidigung gibt. Einer der Gründe hierfür ist Artikel 296. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Artikel auch in Zukunft bestehen bleibt. Dieser Artikel wurde in der Vergangenheit exzessiv angewendet. Deshalb kam kein gemeinsamer europäischer Markt im Bereich der Verteidigung zustande. Zunächst einmal kam die Mitteilung der Kommission zur Klarstellung, was unter den Artikel 296 fällt und was nicht. Ich halte diese Mitteilung für nützlich. Dann wurde die Europäische Verteidigungsagentur aktiv. Der von ihr erlassene Verhaltenskodex war meines Erachtens ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber nun brauchen wir auch eine Gesetzgebung der Europäischen Union in diesem Bereich. Deshalb begrüße ich, dass diese Richtlinie jetzt vorgesehen ist.

Als Abgeordnete hören wir aber, gerade aus dem kommunalen Bereich, immer wieder sehr viel Kritik an den Ausschreibungsregeln der Europäischen Union. Darum werden wir als europäische Abgeordnete sehr genau darauf achten, dass die Regeln, die hier geschaffen werden, auch tatsächlich auf den Bereich der Verteidigung zugeschnitten sind und die Situation dort nicht verschlechtern, sondern sie verbessern. Das wird die Voraussetzung für unsere Zustimmung sein.

Im Übrigen hören wir immer wieder, dass wir Europäer zu wenig Geld für Verteidigung ausgeben. Wenn wir in diesem Bereich weiter gehen, hier einen gemeinsamen Markt schaffen, dann werden wir zumindest erreichen, dass wir für das gleiche Geld mehr Sicherheit bekommen.